ERBARMEN 'ich hab so eine situation mehrmals gehabt, wo ich wirklich auf dem boden im blut lag, ich hab zwar demjenigen nicht gesagt, dass er aufhören soll, dass er erbarmen haben soll, aber innerlich hab ich gedacht, hoffentlich lässt er endlich von mir ab. aber ich hätte nie geschrien, hör auf oder so, das wiederum war für mich schwäche, weil ich es nicht anders kannte. ok, man hat angst, aber es raus zu brüllen, das ist noch fataler, dann hätte ich lieber gesagt, bringt mich um.'

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EHRBARKEIT 'ehrbarkeit ist einfach: ich soll so bleiben, wie ich bin und mich auch so geben. mich nicht verstellen. ich mache das nur an ehrlichkeit fest. ob sie das glauben oder nicht, ich kann mich nicht erinnern, dass ich mal gelogen habe vor gericht. ich war schuld, ich hab gesoffen, ich hab den mist gebaut. warum soll ich da einen rechtsanwalt bezahlen. ich hätte mir vielleicht manche jahre ersparen können, aber das war meine ehre. ich bin zwar ein lump gewesen, aber es war halt so.'

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ZORN 'der begriff existiert, obwohl er nicht benutzt wird. meistens benutzt man ‚wütend‘. aber es gibt keinen vergleich. dieser begriff ist sehr stark. wut ist harmlos gegen zorn. zorn ist heimtückisch. er zerfrisst dich von innen, er vergiftet alles.'

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BLÖßE 'blöße bedeutet so viel wie nacktheit. deswegen gibt man sich ja nicht gern die blöße. man möchte vor anderen nicht nackt dastehen. man möchte bekleidet sein. auch die seele verkleidet sich, nicht jeder hat zugang. man gibt sich ja oftmals selbst die blöße. und manchmal ohne, dass man es merkt. ich hab’ auch immer geglaubt, wenn ich was getrunken hatte, das merkt keiner, es sieht mir keiner an. das hat nicht gestimmt. aber ehrlichkeit hilft gegen entblößung. eigentlich kann man sich keine blöße geben, wenn man mit sich selbst ehrlich ist.'

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VERDAMMNIS 'verdammnis. vorverurteilt werden, überhaupt verurteilt werden und nochmal verurteilt werden, obwohl man schon verurteilt ist. ich hab vierundzwanzig jahre im knast verbracht. ich will nicht mehr, ich hab die schnauze voll. ich hab mich selbst verdammt. aber das war mein leben, das war einfach mein leben. ich hab jetzt einen festen wohnsitz, ich arbeite. ich spiele theater. ich bin gerade beim woyzeck dabei. das ist auch eine verdammte existenz. ich bin einer von zehn woyzecks.'

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VERDERBEN 'verderben ist endgültig. untergang. liebe, zum beispiel ist verderben. weil meine freundin damals verstorben ist, in meinen eigenen armen. schmerz und leere. nullpunkt. das ist tief drinnen. ich hab sie da nur liegen sehen und ich hab da gesessen. ich verdränge das. ich hab so eine angst davor, ich weiß nicht, ob ich es ertragen kann, ich weiß nicht, was dann kommt. verderben ist ein langwieriger prozess. vernichtung geht auf einen schlag. dann hat man‘s hinter sich: peng, aus.'

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GÜTE 'güte ist für mich einfach, trotz aller fehler das gute in einem menschen zu sehen. das hat was mit nachsicht zu tun. man muss nachsichtig sein, um verzeihen zu können. ich denke, güte ist eine ent-scheidung nach dem herzen. gütig sein ist ernst gemeint. mir fällt jetzt meine gerichtsverhandlung ein, da hätte das strafmaß durchaus höher ausfallen können, aber der richter hat das mindeststrafmaß angeordnet und da hab ich schon gemerkt, er sieht das gute in mir, er will mich nicht nur wegsperren. das hab ich als güte empfunden.'

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SELIGKEIT 'einfach die ruhe fürs leben zu haben, gelassen in den tag zu sehen. ich bin ja ein relativ strenggläubiger optimist. das wichtigste ist für mich, morgens schon so aufzustehen: guten morgen, welt, darf ich ihre bestellung aufnehmen? seligkeit entspringt aus dem glück, wenn man denn glück hat. wenn ich mich abends ins bett lege und sagen kann, `alles nach plan verlaufen`, das ist für mich schon glück.'

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GEHORSAM 'früher hab ich gehorcht, wenn andere was gesagt haben. es gab ein strenges elternhaus, da habe ich mit meinem bruder stramm gestanden wie `ne eins in der welt. in der schule musste ich gehorsam sein. genauso wie im heim. da hab ich mich untergeordnet. wenn man nicht gehorcht, kriegt man die strafe. das ist einfach so. nee, gehorcht haben wir, aber irgendwann kam dann der punkt, wo es nicht mehr so war.'

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ZERTRENNUNG

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HADER 'das hat keine bedeutung für mich..., da kann ich eigentlich gar nichts sagen. ich blicke optimistisch in die zukunft und ich hadere auch nicht mit dem problem, dem alkohol oder was... ich hab das ja eine ganze weile geschafft und will das weiterführen. man denkt zwar mal darüber nach, aber... das thema alkohol ist eine tabusache für mich und da hadere ich nicht groß oder was...'

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UNGNADE 'ich bin bei anderen in ungnade gefallen. ich weiß, dass ich anders bin, dass viele menschen schwie-rigkeiten haben, mich zu akzeptieren. weil ich eben sehr anstrengend, sehr grenzüberschreitend bin. es gehört auch eine menge dazu, das zu ertragen. aber es ist logischerweise einfacher, dir zu sagen, was du für ein arschloch bist, als mir selbst zu sagen, dass ich eins bin.'

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